Hintergrund

Die Waldbesetzung im Hambacher Forst gibt es jetzt schon fast seit sechs Jahren. Um die Rodug des Waldes und das Abbaggern des Bodens durch RWE für die Braunkohlegewinnung zu verhindern, wurden dutzende Baumhäuser gebaut. Durch alle Jahreszeiten hinweg haben unzählige Menschen den Wald bewohnt, geliebt, erkämpft.

Wir sind eine Gruppe von Menschen die den Wald verlassen hat, obwohl wir gerne geblieben wären. Viele von uns sind gegangen, mit dem Gefühl etwas zurück gelassen zu haben, denn unsere Gedanken kreisen beständig weiter um den Widerstand im Wald. Viele von uns ärgern sich auch, weil sie finden, dass die Besetzung ein strategisch wichtiger Widerstands- Hoffnungsschimmer ist, den sie trotzdem nicht mehr vor Ort unterstützen können.
Woran liegt das?
Auf jeden Fall auch an der dauerhaften Stress- und Bedrohungssituation. Mit Rodung, Repression und einer ständigen Bedrohung des eigenen Zuhauses konfrontiert zu sein ist nicht leicht. Allerdings glauben wir, dass wir im Wald Wege hätten finden können, um besser mit dieser schwierigen Situation umzugehen.
Deswegen haben wir einige Gründe gesammelt, die dazu geführt haben, dass wir uns im Wald in Belastungssituationen eher überfordert und ausgebrannt gefühlt haben, statt unterstützt und aufgefangen. Dabei ist wichtig zu erwähnen, dass für jede*n einzelnen von uns die Erfahrungen im Wald unterschiedelich waren und nicht alle von uns schlechte Gefühle mit dem Wald verbinden. Trotzdem sind wir uns einig, dass folgende Punkte es uns erschweren in der Besetzung aktiv zu sein und ihre Veränderung es uns leichter machen würde.

– Gruppenprozesse haben wenig Raum und scheinen immer wieder von vorne zu beginnen und sich somit im Kreis zu drehen. Dadurch hat vielen von uns das gefehlt, was uns eigentlich Kraft gibt: bewusste Beziehungen und eine Gruppe, die uns verlässlich unterstützen.
– Insgesamt fehlte oft ein wertschätzendes Miteinander, in dem Erfolge feiern, aber auch Ängste und Schwächen zu zeigen Raum hatte.
– Es ist schwer beständig an selbstgesetzten Zielen zu arbeiten. Durch das Fehlen einer beständigen gemeinsamen Organisation werden die Menschen, die Verantwortung übernehmen oft überhäuft mit Aufgaben und häufig auch damit alleine gelassen.
– Es fehlt eine gemeinsame Strategie. Viele Kleingruppen haben versucht im Wald strategisch vorzugehen, oft gab es aber zwischen den verschiedenen Akteur*innen so wenige Absprachen, dass die Strategien von uns selbst blockiert und am Ende frustriert aufgegeben wurden.
– Gemeinsame Strukturen auf die wir uns verlassen können sind nicht vorhanden oder schwer aufzubauen und am Leben zu halten.
– Es ist schwer sich auf geteilte Werte zu berufen. Oft erwarten wir, dass die anderen ähnliche Werte haben wie wir. Oft sind dann aber die Vorerfahrungen, Motive und Vorstellungen so verschiedenen, dass es schwer ist Gemeinsamkeiten zu finden, die über „Ich will den Wald erhalten“ hinausgehen.

Schmerzhaft daran, wenn Projekte im Wald scheitern ist auch, dass dieses Scheitern eine konstante Bedrohung für unsere Utopie zu sein scheint. Es wirft die Frage auf, ob wir überhaupt in der Lage sind, in selbstorganisierten Freiräumen zu leben und zu kämpfen.
Eigentlich ist unsere Antwort: Ja das können wir! Aber wir müssen es erst lernen. Wir müssen experimentieren, Erfahrungen machen, aus ihnen lernen, und dann das neu Erlernte umsetzen. Nur so können wir weiterkommen.

Also haben wir uns zusammen überlegt, wie wir uns vorstellen könnten, weiter im Hambi aktiv zu sein. Ein Weg, wie wir politisch wirksam sein könnten, ohne unsere Bedürfnisse dauerhaft zu vernachlässigen, könnte eine feste Gruppe mit geteilten Werten sein.

Und weil wir glauben, dass solche Gruppen zu bilden nicht nur uns hilft, sondern auch Dir und dem Wald, wollen wir anderen Bezugsgruppen dabei helfen, sich zu finden und darauf vorzubereiten, im und um den Hambi aktiv zu werden.